Der Raum ist die grundlegende Dimension menschlichen Lebens


Der Raum ist die grundlegende Dimension menschlichen
Lebens.

Die meisten Erinnerungen sind an den Raum ge-
bunden. Der Raum ist bewohnt: mit unserer Vergangenheit,
unseren Angehörigen, Ahnen und Nachfahren. Eins und
identisch ist der Mensch auch mit seinen unsichtbaren Wur-
zelfasern. Das verwickelte Beziehungssystem zwischen ihm
und seiner Umwelt ist eine ökologische Wirklichkeit, die nur
im Namen abstrakter Ideologien außer acht gelassen werden
kann. Dort zu leben, wo er zu Hause ist, diesem Recht des
Menschen kommt entscheidende Bedeutung zu. Unser Recht
auf den Ort, wo wir geboren worden sind und wo wir leben,
ist ein fundamentales und unantastbares. Den Menschen
von seinem Wohnort zu trennen, heißt, ihn verstümmeln.
Man kann den Menschen einsperren, und man kann ihn
aussperren; beidem liegt ein Befehl zur Gewaltanwendung
zugrunde, für dessen Beachtung bewaff nete Wachen sorgen.
Flexibilität, Überlebensfähigkeit, Anpassung und Überwin-
dung sind menschliche Tugenden. Verlust aber kann nicht
geleugnet werden; er kann ein Leben lang schmerzen. De-
portation von Menschen oder deren mit Drohungen einher-
gehende Vertreibung von ihrem Wohnort sind ein interna-
tional zu ahndendes Verbrechen. Setzt eine Herrscha" den
Staat mit irgendeiner Nation, einem Volk, einer Rasse, Eth-
nie, Religion oder Klasse gleich, kommt es zu Diskriminati-
on, Ächtung und Rechtsverletzungen all denen gegenüber,
die aus der dominierenden Kategorie herausfallen. Findet die
Idee des homogenen Nationalstaats als Norm Verbreitung,
dann kann irgendeine Abstraktion (Nation, Religion, Klasse,
Ideologie) Deportationen ansti" en. Ethnische Säuberungen
wollen eine frisch zu besiedelnde leere Region. Eine wieder-
kehrende Art, wie nicht erwünschte Bevölkerungsgruppen
entfernt werden: durch Massenmord Schrecken verbreiten,
damit die Menschen Hals über Kopf Haus und Hof verlas-
sen. Durch Niedermetzeln Hunderter können Zehntausende
vertrieben werden. Der Begriff nationaler Selbstbestimmung
schließt die Fiktion ein, daß jeder nationalen Gemeinscha"
ein Staat zusteht. Noch dazu als ausschließliches Recht.
Mi# el- und Osteuropa, den Balkan mit einbegriff en, ist eine
Region nationaler, ethnischer und religiöser Vermischung.
Jede Grenzverschiebung verursacht hier Verletzungen und
schneidet in etwas Lebendiges; Grenzen können hier nur als
Schadensbegrenzung ein sinnvolles Ziel sein.
Die modernen Staaten des zwanzigsten Jahrhunderts und
ihre Führer meinten, sie dür" en über den einzelnen und die
Völker verfügen, dür" en sie umsiedeln, zur Arbeit, zum Tö-
ten und Getötetwerden verpfl ichten. Das Selbstbestimmungs-
recht der menschlichen Person ist ein höherwertiges Prinzip
als das Selbstbestimmungsrecht der Nationen. Welche Frei-
heit ist mehr wert? Die der Regierungen gegenüber den Bür-
gern oder die der Bürger gegenüber der Regierung? Die Um-
siedlung von Völkern, die Deportation, gehört, einhergehend
mit dem Genuß patriotischen Ausplünderns, zu den bizarren
Leidenscha" en omnipotenter Führer. Ethnische Saube-
rung? Scheußlich allein schon das Wort. Schmutz der Ver-
triebene? Unfl at der andere? Vielleicht gar die benachbarte
Ethnie? Warum nicht deportieren? Sollte etwa der Abtrans-
port meiner Cousinen, Cousins und Schulkameraden in die
Gaskammer gleichfalls eine ethnische Sauberung gewesen
sein? Die europäischen Juden sind von der größten Vertrei-
bung heimgesucht worden. Zu einem Anteil von zirka sech-
zig bis siebzig Prozent hat sie zu ihrer Vernichtung geführt.
Ein brauchbarer Parameter für das Ausmaß des Verbrechens:
Wieviel Prozent der Deportierten sind getötet worden, und
wie viele sind – zum Beispiel auf den Todesmärschen – infol-
ge der physischen Belastungen der Vertreibung gestorben?
Für kollektive Bestrafungen und Verfolgungen ganzer Ge-
meinscha" en sind keinerlei politische, nationale und religiöse
Rechtfertigungen möglich. Eine Bestrafung von Kindern für
die eventuellen Vergehen ihrer Eltern ist unzulässig. Selbst
die Söhne und Töchter von Massenmördern sind unschuldig.
Die nazistischen Deportationen haben die Aussiedlung der
Ungarndeutschen nicht gerechtfertigt. Die Tat ist ähnlich.
Nur Täter und Opfer sind andere. Nicht einmal unbedingt.
Das administrative Personal, das in Ungarn die Aussied-
lung der schwäbischen, sächsischen und deutschsprachigen
ungarischen Staatsbürger organisierte, war mehrheitlich mit
denen identisch, die schon die Deportation der Juden ab-
gewickelt ha# en. Das Reiseziel der jüdischen Deportierten
waren das Konzentrationslager und mit großer – siebenund-
sechzigprozentiger – Wahrscheinlichkeit der Tod. Österreich
und Deutschland das Reiseziel der Volksdeutschen. Obwohl
unterwegs viele starben und ihre Aufnahme nicht immer
herzergreifend war. Wenn man, alles zurücklassend, mit
einem Koff er in der Hand gehen muß, gleich welche Anga-
ben im Personalausweis eines Menschen stehen mögen, dann
erleben wir eine ähnliche Erniedrigung. Nach dem Zweiten
Weltkrieg sind aus Osteuropa vierzehn Millionen Volks-
deutsche nach dem Westen ausgesiedelt worden. Zwei Mil-
lionen von ihnen sind auf der Fahrt gestorben.
In den siebziger Jahren mietete ich in einem schönen klei-
nen Dorf in der Umgebung von Buda ein Haus. Vor dem
Krieg waren hier annähernd die Häl" e der Bevölkerung Deut-
sche. Wer sich in der Volkszählung von 1941 zur deutschen
Mu# ersprache bekannte, der wurde nach 1945 ausgesiedelt.
Ein Menschenalter später suchten sie oder ihre Kinder dieses
kleine Dorf auf. Sie kamen mit guten Autos, waren elegant
gekleidet und brachten den armen Verwandten kostbare Ge-
schenke. Gäste und Gastgeber sannen wechselseitig darüber
nach, wer wohl mehr Grund haben sollte, den anderen zu
bedauern oder wer bereit sei, mit dem anderen zu tauschen.
In ihren Gesprächen damals tauchte auch der Gedanke auf,
daß diejenigen gut gefahren seien, die man vertrieben habe,
und nicht diejenigen, die ha# en bleiben dürfen. Auf einen
Schlag waren Millionen von Deutschen von Osteuropa nach
Westeuropa hinübergestoßen worden, aus der Region der
Unterdrückten auf das Spielfeld der Demokratien. Durch die
Deportation sind die aussiedelnden Länder ärmer geworden,
die aufnehmenden dank den emsigen Ankömmlingen reicher.
Meines Wissens erheben die Nachkommen der Vertriebenen
und die deutsche politische Klasse weder einen Anspruch auf
ein Rücksiedlungsrecht noch auf materielle Entschädigung.
Sie bestehen lediglich auf der Erklärung dessen, daß die Aus-
siedlung der Volksdeutschen, die Anwendung des Prinzips
der Kollektivschuld, kein korrektes und menschenwürdiges
Handeln gewesen sei. Ich halte es für beruhigend, daß Dr.
József Antall, der erste demokratisch gewählte ungarische
Ministerpräsident nach der Wende, diesen Standpunkt be-
reits in der Folge von 1990 eingenommen hat. Es dür" e nur
eine Frage der Zeit sein, so glaube ich, daß in den Fußstapfen
Vaclav Havels auch die tschechische und polnische Regie-
rung im Rahmen einer entsprechenden wechselseitigen Er-
klärung dazu bereit sein werden. Vertreibungen sind meist
irreversibel. Wer irgendein Gut eines Vertriebenen in Besitz
genommen hat, der kann inzwischen auch schon ein Recht
daran geltend machen; er hat es genutzt, mehr oder weniger
darauf acht gegeben, sich daran gewöhnt. Auch ein Rück-
gängigmachen der Enteignungen wäre ein Akt der Gewalt.
Ich kenne die Resignation des einstigen Bewohners, wenn er
sein ehemaliges Haus aufsucht. Er nimmt es in Augenschein,
grüßt und geht. Eine klügere Reaktion fällt ihm nicht ein.
Auch in der jüngsten Geschichte unserer Region hat es sich
erwiesen: Wann immer ein neuer Nationalstaat ohne Ga-
rantien für den Minderheitenschutz anerkannt worden ist,
wurden dadurch die Voraussetzungen und die Maschinerie
zur Vertreibung und Deportation mehrerer hunder# ausend
Menschen geschaff en. Das Anerkennen eines Staats ist eine
edle Geste, doch bringt es frevlerisches Treiben in Hülle und
Fülle mit sich.
Mehrsprachigkeit ist möglich. Sie ist ein häufi ges Phäno-
men. Der Staat muß nicht bestimmen wollen, welche Spra-
che die Kinder zu sprechen haben. Warum auch sollte er eine
einsprachige Ausschließlichkeit anstreben? Für die auf sei-
nem Territorium lebenden Kinder muß er neben der Mehr-
heitssprache als Lingua franca auch die Vermi# lung der
Minderheitensprachen und -kulturen gewährleisten. Auch
deshalb ist unser Europäertum ein sinnvolles Projekt, denn
die Union funktioniert als eine geeignete Sicherheit gegen
jedwede Deportation. Krieg und Moral des Anstands sind
von vornherein miteinander unvereinbar. Getötet haben bei-
de Seiten viel. Die eine mehr als die andere. Jawohl, es zählt,
wer den Krieg gewollt und wer ihn angefangen hat. Die
Mehrheit der Deutschen billigte ihn anfangs zusammen mit
den damit einhergehenden Sondermaßnahmen, so dem Ver-
schwindenlassen der Juden. Sie bedauerten nicht, daß ihre
Mitbürger abgeholt wurden, sie schmähten ihre Marschko-
lonnen, verlachten sie und halfen bei der Jagd auf Entfl ohene.
Aktiv bosha" war die Mehrheit nicht, doch unternommen
gegen das Unrecht hat sie nichts, und daß sie mit den Ge-
schehnissen nicht einverstanden war, dem hat sie auch keinen
Ausdruck verliehen. Die Protestierenden registriert die Ge-
schichte namentlich. Fast immer werden dieselben erwähnt.
Was darauf hindeutet, daß es nicht viele gewesen sind. Auf
sowjetischem Gebiet haben die Deutschen viele Mitglieder
der kommunistischen Partei erschossen, auf deutschem Ter-
ritorium haben die Sowjets viele Mitglieder der Nazipartei
erschossen. Beschuldigungen können Beschuldigungen wi-
derfahren. Schwierig, die Brutalität der Geschichte einer
moralischen Würdigung zu unterziehen. Die Lauteren unter
den Minderheitendeutschen beteuerten, zum Mu# erland ge-
hören zu wollen. Sollen sie doch, sagten die osteuropäischen
Regierungen den deutschen Minderheiten, nachdem diese
eine Niederlage erli# en ha# en, und vertrieben sie. Auf Kos-
ten des jeweils anderen stabilisierten sich die europäischen
Nationalstaaten, homogenisierten ihre Bevölkerung.
Sechzig Jahre später macht es die Europäische Union dank
ihren Schöpfern und der Geschichte möglich, daß du dort, wo
du gerade bist, der sein kannst, der du bist. Das anvisierte
Ziel einer Vereinigung der Volksbruder und -schwestern
ist zum Grund für verschiedenste Abschiebemaßnahmen ge-
worden. Die nationalistisch ausgerichtete politische Öff ent-
lichkeit erblickte in der ethnisch gemischten Bevölkerung eine
Gefahr. Bei einem gemischten Wohnen könnte es zu Ausein-
andersetzungen, vielleicht sogar Pogromen kommen. Diese
Anschauung verachtet den Zeitfaktor. Die Tatsache, daß je-
mandes Familie seit Jahrhunderten dort lebt, wo sie lebt, ist
zu einem nebensächlichen und gewichtslosen Aspekt gewor-
den. Die Regierungschefs der Obrigkeitsstaaten meinten, im
Recht zu sein, wenn sie Zivilisten ebenso bewegten wie die
Truppenkörper. Mit dem Volk, nicht nur mit dem besiegten,
sondern auch mit dem eigenen, dem siegreichen, tun sie, was
sie wollen. Eigentlich ist die Bevölkerung eine Armee. Und
die fremde Nationalität ist eine fün" e Kolonne. Auch die al-
ten Frauen und die Säuglinge. Auf der anderen Seite aber
einzig Feinde. Sie dürfen vertrieben, ausgeraubt und gele-
gentlich auch getötet werden. Der totale Krieg, uns vollkom-
men ins Gefecht zu stürzen, ins Abenteuer, ist ein deutscher
Begriff . Der Kult des Dienens und die Führervergö# erung
sind ein und dasselbe. Es existieren zwei Sichtweisen: die
von denen, die aussiedeln, und die von denen, die ausgesie-
delt werden. Die Alliierten wollten den Deutschen begreifl ich
machen, daß ihre frühere Strategie falsch war, katastrophal
und tödlich. Zum Kriegsende hatt e auch die deutsche Zivilbe-
völkerung unter den angelsächsischen Bombenteppichen zu
leiden und in der Folge in der sowjetischen Besatzungszone
unter gnadenloser Willkür und sexueller Gewalt. Deutsche
Familien, die auf die eine oder andere Weise nicht von der
Vertreibung betroff en gewesen wären, gibt es wenige. Nach
dem Krieg nahmen die Deutschen diszipliniert zur Kenntnis,
daß sie verloren ha# en; das Schicksal nahmen sie mit apa-
thisch wirkendem Fatalismus an und taten, was im Interesse
des Überlebens getan werden konnte. Die deutschen Nach-
kriegsgenerationen haben aus dem Geschehenen gelernt,
daß nationalstaatliche Großmannssucht zu Untergang und
Tod führt. Dann kamen sie wieder auf die Beine und wur-
den erneut eine starke Nation. Doch mit ihrer nazistischen
Vergangenheit koke# ieren sie nicht, warten darauf, daß sie in
Gesellscha" der freien Nationen dank ihrer sich allgemeiner
Anerkennung erfreuenden Leistungen mit sich selbst zufrie-
den sein dürfen. Schriller Selbstmitleidrhetorik enthalten sie
sich; sie sind um objektives Formulieren bemüht.
Am ehesten noch sind die Deutschen bestrebt, sich daran
zu erinnern, daß Juden unter ihnen gelebt haben; sie haben
Synagogen instandgesetzt, würdigen die Verdienste ihrer ein-
stigen und gegenwärtigen jüdischen Mitbürger, und antise-
mitische Äußerungen gesta# en sie sich nicht einmal in dem
Maße wie die Bewohner anderer europäischer Demokratien.
Sowohl die Deutschen als auch deren Nachbarn brauchen
die Gelassenheit gerechten Selbstwertgefühls, wohnen doch
zu beiden Seiten der Ostgrenzen Völker mit verworrenem
Selbstbewußtsein, von denen im Rückblick auf die Vergan-
genheit kein einziges vor einem sie plagenden nationalen
Gewissen Schutz fi ndet. Die Deutschen wissen, daß ihr
nationalsozialistischer Staat 1939 ohne besonderen Grund
und ohne jegliches Recht Tschechien und Polen angegriff en
hat, Nachbarnationen. Wodurch allein in letzterem Land der
Tod von sechs Millionen polnischen Staatsbürgern verur-
sacht worden ist. Jeweils zur Häl" e der Tod von Christen
und Juden. Die Erinnerung an einen Raubmord zu ertragen
ist für keine Seite leicht. Gereizte Erklärungen belegen, daß
die teils als Wiedergutmachung gewonnenen Gebiete eine
irgendwie beunruhigende Errungenscha" sind. Mir selbst
stelle ich die Frage, ob auch mich – als ungarischen Juden
– der kollektive Groll, der den Krieg selbst in Friedenszeiten
überlebt, in Versuchung gebracht hat. Müßte ich diese Fra-
ge mit Ja beantworten, so wäre ich repliky hodinek darauf nicht stolz. Aller-
dings wäre ich auch damit nicht einverstanden, würden wir
in keinerlei Sinn von kollektiver Verantwortung, Last und
Aufgabe sprechen, die uns durch Geburt zufallen. Dadurch,
daß wir von unseren Eltern irgendwo auf die Welt gesetzt
worden sind, erben wir bereits den Ort, an dem wir leben,
ebenso wie unseren Genbestand. Und zusammen mit dem
Ort unsere gesamte Kultur; derart, daß auch wir selbst ein
Erbe sind. Täuschen wir uns nicht selbst in dem Glauben,
daß wir, freie und autonome Wesen, erst mit unserer Geburt
begonnen hä# en. Mit unserer Geburt erfahren wir eher nur
eine Fortsetzung, klinken uns in eine lange Ke# e ein. Verant-
wortung erben wir ebenso wie unsere Sprache und geistigen
Werte, wie unsere Vorurteile. Der heute geborene Säugling
war schon ausführlich vorbereitet worden. Mit dem ersten
Atemzug hat er jenes Päckchen bekommen, das für jeden
Nachkommen Last und Belohnung ist; darin enthalten sind
Glück und auch Leid der Vorfahren. Wie weitgehend er sich
mit den Tugenden und Verbrechen seiner Nation identifi zie-
ren will, bleibt seiner Entscheidung überlassen. Soll er den
Ahnen verzeihen? Aber wer ist er denn, daß er verzeihen
soll? Schuldet er ihnen nicht besser Mitgefühl?
Die vertriebenen Deutschen reisen zum einstigen Wohn-
ort ihrer Eltern, erwerben dort unter Umständen Immobi-
lien, etwa ein ehemaliges schwäbisches Haus, und gründen
vielleicht irgendein Unternehmen. Ihre Vorfahren haben
zwar viel verloren, doch sie könnten dadurch, daß sie als
verhältnismäßig wohlhabende und selbstsicher sich orientie-
rende Westbürger herkommen, viel gewinnen. Der Verlust
der Eltern mag unersetzlich sein, doch gelangen sie in eine
Umgebung, der sie sich, wenn auch mit Verletzungen, relativ
organisch anpassen können. Auch sie beruhigt es und erfüllt
es mit heiterem Selbstwertgefühl, Teil der westlichen Welt
geworden zu sein. Wie sehr wir uns doch als Individuen von
unserer Nation, unserem Volk unterscheiden. Muß ich mich
zu den Gefühlen, Ängsten und Phantasien jenes Volks, dem
ich angehöre, bekennen? Muß ich auch seinen Zorn überneh-
men? Empfi nden wir die Leiden der vorangegangenen Gene-
rationen nach, können wir uns gründlich quälen. Die Kinder
jeder Diktatur können entscheiden, ob sie ihre Väter zusam-
men mit deren Verbrechen lieben. Fortwährend rutschen wir
zwischen unserem personalen Ich und unserem kollektiven
Ich hin und her. Einmal bin ich lediglich ich und dann zu-
sammen mit den anderen wir, mit denen wir ein sensibles,
gemeinsames, plurales Ich bilden. Gedichtet haben wir uns
selbst und unsere Feinde. Das in die Vergangenheit reichende
Wir und das in die Vergangenheit reichende Sie sind glei-
chermaßen Mythen. Wer weiß schon, wann ich ich bin und
wann wir? Europa haben wir als Schule unerzogener Völker
geerbt, wo es noch keine leichte Aufgabe ist, sich gegenseitig
einen Vorschuß an kollektivem Vertrauen zu gewähren und
die alltäglichen Übungen zuvorkommender Empathie durch-
zuführen. Zu sagen, komm, mein lieber Freund, trinken wir
zusammen ein Glas, stoßen wir an, es ist nichts geschehen,
zumindest zwischen uns nicht, einfach ist das nicht. Auch die
gemeinsame Verletzung ist ein gemeinsames kulturelles Ver-
mögen. Widersetzen wir uns dem, daß man uns das Recht
auf Traurigkeit wegen der gemeinsamen Verletzung streitig
macht! Hernach wird auch der Augenblick kommen, daß
wir uns anlachen. Was ist Sache der heute Lebenden? Er-
innerungen und Lebensläufe sammeln, die Entwicklung der
Lebensschicksale verfolgen, wissen, wer unsere Vorfahren
in der Familie oder im Haus gewesen sind, aus Biographien
die nationale Geschichte lernen und vor den Friedhöfen das
Haupt neigen, gleich wer dort unten liegt.

Aus dem Ungarischen von Hans-Henning Paetzke

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